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Nicht einmal Geld für die Wetterschutzjacken: Die Feuerwehr Rottweil ist alarmierend zusammengespart

Die Stadt Rottweil muss sparen. Und parallel schauen, wie sie an mehr Geld kommt. Verschiedene Bereiche werden aktuell durchleuchtet, jeder Fachbereich gibt Stellungnahmen ab. Eine, die die Allgemeinheit besonders interessieren dürfte, ist die von Stadtbrandmeister Frank Müller zur Lage der Feuerwehr. Bescheiden, wird man sie wohl mit einem Wort zusammenfassen können.

Auf einen Blick

Die Herausforderungen für die Feuerwehr Rottweil sind:

  1. Finanzielle Einschränkungen: Es gibt keinen weiteren Spielraum für Einsparungen, da die finanziellen Mittel bereits stark begrenzt sind. ​
  2. Unvollständige Ausstattung: Aus Kostengründen konnte die Feuerwehr-Dienstkleidung nicht vollständig beschafft werden (z. B. fehlende Blousons und Wetterschutzjacken). ​
  3. Überalterte Fahrzeuge: Viele Fahrzeuge sind stark veraltet und verursachen hohe Instandhaltungskosten. ​
  4. Mietfahrzeuge: Bei Fahrzeugausfällen müssen teure Mietfahrzeuge beschafft werden, deren Verfügbarkeit begrenzt ist. ​
  5. Steigende Kosten: Die Kosten für Fahrzeugbeschaffungen und Ersatzteile, insbesondere im Elektronikbereich, sind stark gestiegen. ​
  6. Ersatzteilversorgung: Die Ersatzteilversorgung für ältere Fahrzeuge ist zunehmend schwierig. ​
  7. Eingeschränkte gemeinsame Beschaffungen: Zwar bietet das Land Baden-Württemberg Sparpotenziale durch gemeinsame Beschaffungen, jedoch sind Sonderfahrzeuge wie Rüstwagen, Drehleitern und Einsatzleitwagen davon ausgenommen. ​
  8. Zukunftsprojekte: Die Ersatzbeschaffung der Löschfahrzeuge für Hausen und Zepfenhan läuft über die gemeinsame Beschaffung des Landes, jedoch sind die Ergebnisse der Ausschreibung noch ausstehend. ​
  9. Unzureichende Haushaltsmittel: Die bereitgestellten Mittel für den Unterhalt der Fahrzeuge und Geräte reichen nicht aus, da die Ausgaben stetig steigen. ​

Die Feuerwehr Rottweil: zusammengespart

Um weiterhin Zuschüsse vom Land Baden-Württemberg zu erhalten, hat das Landratsamt als Bewilligungsbehörde die Stadt Rottweil verpflichtet, einen Feuerwehrbedarfsplan von einem externen Beratungsbüro erstellen zu lassen. Dieser soll in Kürze vorliegen und dem Gemeinderat vorgestellt werden. Bereits jetzt aber steht laut einem Bericht des Rottweiler Stadtbrandmeisters fest: Die Feuerwehr Rottweil ist auf einen alarmierenden Zustand zusammengespart.

Das Feuerwehrgesetz für Baden-Württemberg fordert von den Gemeinden, eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende leistungsfähige Feuerwehr aufzustellen, auszurüsten und zu unterhalten. Der Feuerwehrbedarfsplan gibt aber keine Standards vor. Diese Beurteilung liegt in der Zuständigkeit der Gemeinde. Zur Festlegung der Mindestanforderungen bezüglich des Personals und der Ausstattung wird auf die vom Landesfeuerwehrverband Baden-Württemberg im Einvernehmen mit dem Gemeindetag, dem Städtetag und dem Innenministerium herausgegebenen „Hinweise zur Leistungsfähigkeit einer Gemeindefeuerwehr“ verwiesen.

Stadtbrandmeister Frank Müller. Archiv-Foto: Peter Arnegger

„Sehr sparsam aufgestellt“

Frank Müller, hauptamtlicher Kommandant und damit Stadtbrandmeister in Rottweil, fasst den Status seiner Wehr so zusammen: „Die Feuerwehr Rottweil ist bezüglich der Personalausstattung bislang sehr optimiert und dadurch auch sehr sparsam aufgestellt.“ Sein eigenes Aufgabenspektrum wurde im Laufe der Jahre noch erweitert und umfasst zusätzlich die Themenbereiche Katastrophen-, Bevölkerungs- und Zivilschutz sowie die Abteilungsleitung der Straßenverkehrsbehörde. Für den Themenbereich Bevölkerungs- und Zivilschutz werden auf die Kommunen in naher Zukunft weitere Aufgaben hinzukommen. Welche, ist aktuell laut Müller unklar. Nur, dass noch mehr auf ihn zukommt.

Der Kommandant stellt fest, dass er bereits jetzt zu wenig Zeit hat: „Für den wichtigen Aufgabenteil der strategischen Einsatzplanung bzw. das Erstellen von Einsatzplänen für die vorherige Festlegung eines möglichen Vorgehens im Einsatz bei bestimmten Objekten unter Berücksichtigung besonderer Gefahren, Zugangswege, Löschwasserentnahmestellen und Löschanlagen ist bislang kein Zeitbudget vorhanden. Er kann also mögliche Szenarien aktuell nicht vorbereiten. Außerdem bleibt ihm zu wenig Zeit, die 150 brandverhütungsschaupflichtigen Objekte im gesamten Stadtgebiet den Vorschriften gemäß regelmäßig höchstens alle fünf Jahre zu überprüfen. „Die großen Projekte Neubau JVA, Landesgartenschau sowie die vielen Baumaßnahmen im Stadtgebiet benötigen ebenfalls immer mehr Zeitbudget, das derzeit nicht vorhanden ist. Ein nach Fertigstellung der Baumaßnahmen auf uns zukommender künftiger Aufgabenzuwachs kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden“, so Müller.

Gerätewart und Stellvertreter des Stadtbrandmeisters: Rainer Knoblauch.

Ein Gerätewart hat Arbeit für drei

Müllers Co. heißt Rainer Knoblauch. Doch auch er kann seine Aufgaben nicht so bewältigen, wie es eigentlich sein müsste. O-Ton Müller: Mit nur einem hauptamtlichen Feuerwehrgerätewart – einer Vollzeitstelle, wie sie laut dem Stadtbrandmeister seit mehr als 20 Jahren besteht – könnten die gesetzlich vorgegebenen Wartungs- und Prüftätigkeiten für die Fahrzeuge, Geräte, Ausrüstung und Kommunikationsmittel der Feuerwehr Rottweil „derzeit nicht mehr zeitscharf und sofort vollumfänglich gemäß der Gefährdungsbeurteilung vorgenommen werden“. Dazu kommen weitere Aufgaben für den Gerätewart, der daneben zu Einsätzen ausrückt: die Planung und Beauftragung von Hauptuntersuchungen, Sicherheits- und anderen Prüfungen, Abgasuntersuchungen, die gesetzlich geforderten Instandhaltungen und Reparaturen zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft, außerdem der Aus- und Fortbildungsbetrieb. Und er muss Leitern, Leinen, Atemschutzgeräte und so weiter prüfen.

Als wäre das nicht genug: Kleinere Instandhaltungs-, Umbau-, Modernisierungs- und Reparaturarbeiten in den Feuerwehrhäusern und an den Feuerwehrfahrzeugen sowie die Unterstützung des Betriebshofs und Bereitstellung von Gerätschaften bei Wartungstätigkeiten gehören auch noch dazu. Wie aus den Reihen der Feuerwehr selbst zu hören ist, sind das eigentlich Aufgaben, die drei Gerätewarte auslasten würden. So übernimmt der Feuerwehrgerätewart ja auch noch Verwaltungsaufgaben in diversen Bereichen wie etwa das Abwickeln des Haushaltsplans im technischen Bereich (Einholen von Angeboten und Vergaben) sowie der Zuständigkeit bei Fahrzeugbeschaffungen als Leiter des Fachausschusses Technik der Feuerwehr Rottweil in enger Abstimmung mit dem Stadtbrandmeister, sagt dieser.

„Keine Möglichkeit für weitere Einsparungen“

„Seit Jahren werden die notwendigen Beschaffungen im Feuerwehrwesen der Stadt Rottweil getätigt. Hierfür wird jedes Jahr mit den Abteilungskommandanten der einzelnen Ortschaften in längeren Diskussionen ein Kompromiss angestrebt“, berichtet Stadtbrandmeister Müller. Derzeit sehen die Abteilungskommandanten aller sieben Einsatzabteilungen sowie die Leitung der Jugendfeuerwehr laut dem Kommandanten „keine Möglichkeit, weitere Finanzmittel einzusparen“.

… und nicht einmal eine Wetterschutzjacke

Sie haben nicht einmal genügend Kleidung. So sind beispielsweise die aktiven Angehörigen der Feuerwehr Rottweil aus Spargründen derzeit nicht mit der nach „VwV Feuerwehrbekleidung und Dienstgrade“ vorgegebenen, einheitlichen Feuerwehrbekleidung für die Gemeindefeuerwehren in Baden-Württemberg ausgestattet. Lediglich die Feuerwehr-Uniform sowie die Hose der Feuerwehr-Dienstkleidung wurden beschafft, sagt Müller. „Die Ausstattung mit einem Blouson der Feuerwehr-Dienstkleidung und der Feuerwehr-Wetterschutzjacke kann derzeit aus Kostengründen nicht erfolgen.“

Die „Feuerwehrautos“ machen Müller auch Sorgen

„Bei den Fahrzeugbeschaffungen, die europaweit ausgeschrieben werden müssen, gibt es keinen weiteren Spielraum für Einsparungen. Wir sind froh, die teilweise überalterten Fahrzeuge mit sehr hohen Instandhaltungskosten bis zu einer anstehenden Ersatzbeschaffung weiternutzen zu können“, fasst Müller die Lage weiter zusammen.

Beim Ausfall eines Fahrzeugs und einem dadurch längeren Werkstattaufenthalt müsse aktuell jeweils ein Mietfahrzeug angemietet werden. „Der Markt für Mietfahrzeuge ist annähernd leer und es bedarf großer Anstrengung, ein solches Fahrzeug für teure Mietkosten überhaupt zu bekommen“, so der Stadtbrandmeister. Der letzte Fahrzeugausfall habe 46.000 Euro an Mietkosten, ohne dass die Reparaturkosten des betroffenen Fahrzeugs eingerechnet worden sind, verursacht. „Die letzten Berichte des Fahrzeug-TÜV lassen erahnen, dass mehrere Fahrzeuge nicht die angestrebte Nutzungsdauer erreichen werden“, ergänzt der Stadtbrandmeister.

Ohnehin würden neue „Feuerwehrautos“ zunehmend teurer. Müller kündigt an, in den kommenden Jahren durch die Teilnahme an gemeinsamen Beschaffungen unter der Regie des Landes teilzunehmen – bei denen es sich dann aber um schraubengleiche Fahrzeuge handele, individuelle Anfertigungen nicht berücksichtigt werden könnten. Und das Sparpotenzial ist nicht groß: Sonderfahrzeuge wie Rüstwagen, Drehleitern und Einsatzleitwagen sind vom Land explizit von der gemeinsamen Beschaffung ausgenommen. Eine gute Nachricht: Die Ersatzbeschaffung der beiden Löschfahrzeuge für die Einsatzabteilungen Hausen und Zepfenhan läuft laut dem Stadtbrandmeister derzeit bereits über die gemeinsame Beschaffung des Landes.

Die Gerätehäuser? Überaltert

Vernichtendes Urteil für die Gerätehäuser – bis auf das der Kernstadt: „Die Feuerwehrgebäude in Rottweil entsprechen, mit Ausnahme der Feuerwache Kernstadt Rottweil, in der jetzigen Form nicht mehr den Anforderungen an Feuerwehrhäuser“, stellt Kommandant Müller fest und nennt unter anderem die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung, der Unfallverhütungsvorschriften sowie der Technischen Regeln für Gefahrstoffe. Die sogenannte „Schwarz-Weiß-Trennung“, die gebrauchte Einsatzkleidung von unverschmutzter und nicht kontaminierter trennt, ist laut Müller bisher nur in der Feuerwache Kernstadt entsprechend der Vorschriften der Feuerwehr und der Hygiene umgesetzt worden.

Wie an mehr Geld kommen

Und Einnahmen generieren – das kann eine Feuerwehr traditionell kaum. Die Einnahmen „sind für Feuerwehren sehr bescheiden, denn die meisten Einsätze sind für die Verursacher kostenfrei. Die Kostenerstattungen – mit pauschalen Landeszuweisungen – für Einsätze liegen im Jahr 2024 bei 122.063 Euro.

Stadtbrandmeister Müller hat aber einen anderen Punkt in seinem Verantwortungsbereich gefunden, wo noch mehr Geld für die Stadt kommen könnte. „Die laufenden verkehrsrechtlichen Anordnungen für die Einrichtung von Baustellen oder Veranstaltungen“, sagt er, „werden in Form eines Verwaltungsakts festgesetzt und dürfen nur nach entsprechendem Aufwand berechnet werden.“ Die Stadt Rottweil sei auf ähnlichem Niveau, das auch der Landkreises Rottweil als Verkehrsbehörde festsetze. Die Sätze seien aktualisiert. Viel kommt da nicht rein: Die laufenden Einnahmen lagen im Jahr 2024 bei knapp 8000 Euro. Müller meint aber: „Eine 10-prozentige Kostenanhebung wäre vertretbar.“

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Peter Arnegger (gg)

… ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.
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